Um über das Thema „Maritime Sicherheitspolitik in der Taiwan-Straße“ zu referieren, waren am 25. September zwei hochkarätige Experten - Dr. Sarah Kirchberger, Leiterin der Abteilung Strategische Entwicklung in Asien-Pazifik am Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, und Dr. Michael Paul, Senior Fellow, Forschungsgruppe Sicherheitspolitik, Stiftung Wissenschaft und Politik – in den Taiwan Kultursaal der Taipeh Vertretung eingeladen.
Die Vorsitzende der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft e.V.- Freude Taiwans, Anita Schäfer MdB (leider durch Krankheit verhindert) äußerte in ihrer Begrüßungsschrift, dass die Kontrolle von Seewegen eine zentrale Machtfrage sei. Sie entscheide über Freihandel, den Zugang zu Märkten, und den Transport von Waren und Menschen. Zugangsfreiheit zu Seewegen sei gerade für Inselstaaten wie Taiwan überlebenswichtig. Die Volksrepublik China weite jedoch ihre Ansprüche im Pazifik mit militärischer Präsenz aus.
Dr. Kirchberger erklärte die militärische Bedeutung der Taiwanstraße aus chinesischer Sicht. Die sicherheitspolitische Lage in der Taiwanstraße habe sich in den letzten Jahren am stark verändert. China betreibe eine Politik der Flottenrüstung, die historisch fast beispiellos ist. Es gebe kein anderes Land, was in den letzten hundert Jahren in Friedenszeiten in einem solchen Ausmaß Militärschiffe gebaut habe.
Geostrategisch wurde Taiwan aufgrund seiner Nähe zu China von Douglas MacArthur als "unsinkbarer Flugzeugträger" der USA bezeichnet. Kontrolle über Taiwan würde Chinas Marine wiederum den Weg in den Pazifik öffnen. Deswegen ist Taiwan ein wichtiger Baustein für Chinas Großmacht-Ambitionen. Aktuell wächst der militärische Druck Chinas auf Taiwan: „Insel-Umrundungsflüge" durch chinesische Kampfflugzeuge nehmen an Häufigkeit zu, zugleich ist Taiwan unablässig Cyberattacken, politischer Kriegführung und gezielter Subversion der politischen Institutionen und Medien aus China ausgesetzt.
Dr. Paul meinte, dass vor dem Hintergrund der schwächelnden Wirtschaft Chinas Staatspräsident Xi Nationalismus als Legimitation seiner Herrschaft instrumentalisiert. Die Einverleibung Taiwans gehört zum "Chinesischen Traum". Man kann Taiwan mit Berlin während des Kalten Krieges vergleichen. Eine Kriegsführung gegen Taiwan würde den chinesischen Traum der Demokratie beenden. Allerdings sei China bislang nicht fähig, eine Invasion Taiwans erfolgreich durchzuführen. Chinas Militär leidet, so die KP-Führung, unter der „Friedenskrankheit“, also mangelnder Kampferfahrung.
In der anschließenden Diskussion machte Botschafter Prof. Dr. Jhy-Wey Shieh darauf aufmerksam, dass China die Eindämmung durch die Amerikaner zu durchbrechen versucht, indem es in den letzten Wochen zwei diplomatische Verbündete Taiwans, nämlich die Salomonen und Kiribati, abgeworben hat. Dadurch weitet China seinen Einfluss im Pazifik aus. Eine angeregte Fragerunde und Diskussion rundete die sehr gut besuchte Veranstaltung ab.